Die „Efterskole“, ein sehr dänisches Konzept
Es war der Sommer 1997. Ich hatte gerade die 8. Klasse beendet. Schule war damals Scheiße. Bestimmt war ich nicht der einzige 14-jährige, der so dachte. Im Aufgang von meinem Wohnblock hing eines Tages ein Flyer. ´“Komm nach Dänemark auf eine Efterskole!“, schrie mich der Flyer an. Ich wusste ja nicht, was eine Efterskole war, aber ich konnte sehen, dass es irgendeine Art Internatsschule war.

Die Bilder sahen einladend aus. Irgendwie erfüllte der Flyer seinen Zweck bei mir. Ich fand die Idee, nach Dänemark zu gehen und dort meinen Schulgang fortzusetzen irgendwie spannend. Wenige Wochen später bezog ich mein Zimmer auf dem Campus. Somit war ich einer der unzähligen Jugendlichen in Dänemark, welche eine Efterskole besucht haben. Im Schuljahr 2023/24 waren es insgesamt 32.388 junge Menschen.
Ungefähr 45% der Jugendlichen absolvieren ihre 9. oder 10. Klasse auf einer Efterskole. Das ist ein beträchtlicher Anteil. Daher lohnt es sich mal das Thema zu beleuchten.
Was ist denn jetzt eine Efterskole?
Der Begriff bedeutet wörtlich übersetzt „Nachschule“. Der Name geht auf die Geschichte dieser Schulform zurück. Denn die Schulform ging ursprünglich aus der Skandinavischen Hochschultradition hervor, genau wie die Volkshochschulen auch. Der Gedanke war, Menschen in ländlichen Regionen, welche nur sporadisch Zugang zur Allgemeinbildung hatten, ein weitergehendes, praktisches lebensnahes Bildungsangebot zu machen.
Laut dem dänischen Schulgesetz endete die Schulpflicht in der Mitte des 19. Jahrhunderts nach der 8. Klasse. Die Efterskole sollte hier also anknüpfen, war aber für Schüler unter 18 Jahren konzipiert. War man über 18, gab es ja die Folkehøjskole.
Dass diese Schulen Internatsschulen waren, war dem Umstand geschuldet, dass die ersten Schulen dieser Art nahe der deutschen Grenze in Jütland entstanden und große Popularität bei den dänischgesinnten Minderheiten südlich der Grenze genossen. Dadurch mussten die Schüler nicht den umständlichen Weg über die Grenze nach dem Unterrichtsende auf sich nehmen.
Heute endet die dänische Gemeinschaftsschule mit der 9., bzw. 10. Klasse. Das bedeutet, dass die Efterskolebewegung faktisch eine Art parallelles Schulsystem darstellt. Wie geht das? In Deutschland wäre eine solche Konstellation undenkbar.
Ein wesentlicher Grund ist, dass im dänischen Schulgesetz bereits seit 1855 eine Unterrichtspflicht, nicht jedoch eine Schulpflicht verankert ist. Klingt nach Semantik, macht aber einen großen Unterschied. Denn diese Formulierung gestattet es z.B. Eltern ihre Kinder zu Hause zu unterrichten oder eben auf eine Efterskole zu schicken. Eine weitere, weit verbreitete Schulform ist die sogennante Friskole (Freischule), welche oft alternative, pädagogische Ansätze verfolgen.
Was macht die Efterskole besonders?
Bei Internatsschule denken viele von uns an elitäre Einrichtungen, mit sehr konservativer Pädagogik, für welche die Eltern gerne mehrere tausend Euro im Monat hinblättern. Aber die Efterskole als Schulform ist anders. Die Schulgelder sind oft überschaubar, da diese Schulen meist umfassende, staatliche Zuschüsse erhalten.
Ein wesentlicher Teil des Konzeptes ist, dass die Schüler auch Lebensfertigkeiten lernen sollen. Zum Beispiel, erhält man Unterricht in Hauswirtschaft und handwerklichen Fähigkeiten. Viele dieser Schulen haben zusätzlich sogenannte Linjefag. Das sind Profilfächer, wo bestimmte Fertigkeiten und Projekte stattfinden.
Ein Beispiel hierfür ist zum Beispiel die Efterskole Halstedhus auf Seeland, welches u.a. Reitsport als Profil anbietet.
Wie hat die Efterskole mir geholfen?
Kurz gesagt, hat der Aufenthalt mein Leben fundamental verändert. Ich habe dort langjährige Freunde gefunden, und der Aufenthalt legte den Grundstein für mein späteres Leben in Dänemark. Ich lernte dort praktische Lebensfähigkeiten, welche auch heute noch von großem Nutzen sind. Zum Beispiel bin ich handwerklich nicht gerade ungeschickt, was unter anderem auch darauf zurückzuführen ist, dass wir einmal pro Monat „Bauwochenenden“ hatten, wo die gesamte Schule an der Instandhaltung des Campus beteiligt war.
Und natürlich hat sich auch mein kultureller Horizont massiv erweitert. Diese Erfahrungen machen viele Kinder und Jugendliche, welche eine efterskole besuchen. Es ist daher kein Wunder, dass eine mehrzahl der dänischen Eltern dieses besondere Schulerlebnis für ihre Kinder in Erwägung ziehen.